Geschichten

Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne, davon waren zwei klug und gescheit, aber der dritte sprach nicht viel, war einfältig und hieß nur der Dummling ...

Nur wenige Worte genügen, uns in eine Gedankenwelt zu entführen, in der wir spannende Abenteuer mit glücklichen oder traurigen Wendungen erwarten. Die dazu benötigte Fähigkeit, sich die handelnden Personen und deren Eigenschaften und Beziehungen zueinander zu merken, besitzen schon kleine Kinder und es stört überhaupt nicht, dass die Personen nur sehr knapp beschrieben sind, ohne Angabe von Größe, Kleidung oder Haarfarbe - im Gegenteil es lässt mehr Freiraum, sie gedanklich durch reale oder fiktive Personen zu ersetzen.

Genau die gleichen Fähigkeiten benötigt man beim Lesen einer Definition oder eines Satzes mit zugehörigem Beweis in der Mathematik, denn auch dabei handelt es sich um Geschichten: Sei $K$ eine Menge und seien $A,B,D\subset K$. Weiter seien $A,B$ abzählbar und $D$ sei endlich ...

In der Metasprache $\mmath$ sind mathematische Geschichten (bzw. gedankliche Rahmen) die Grundobjekte. Sie werden beschrieben durch eine Liste von Namen für die Hauptdarsteller der Geschichte (die Rahmen-Parameter), eine Liste ihrer angenommenen Eigenschaften und wechselseitigen Beziehungen in Form von mathematischen Aussagen, eine Liste von Folgerungen, die sich für die Parameter und die aus ihnen gebildeten Objekte ergeben, sowie ein spezieller Ausdruck, der die Geschichte gewissermaßen zusammenfasst.

Mit diesen Grundobjekten lassen sich dann Mengen, Funktionen, Definitionen, Sätze, Modelle und Theorien in einer gemeinsamen Form kodieren.

Die allgemeine syntaktische Darstellung von Rahmen sieht so aus:

Name$_1$,...,Name$_k$ mit Forderung$_1$; ...; Forderung$_m$ Folgerungen Folgerung$_1$; ...; Folgerung$_n$ Ergebnis Ausdruck

Dabei kann jeder der Blöcke auch leer sein (ist der erste Block leer, so wird das optionale Schlüsselwort Rahmen hinzugefügt, um den Start des Ausdrucks zu markieren; ist der letzte Block leer, so wird $\small\require{AMSsymbols}\square$ als Endemarke angefügt und das Ergebnis entspricht der Liste der Parameter). Forderungen und Folgerungen sind jeweils mathematische Aussagen, wobei eine Definition als die Aussage interpretiert wird, dass die Bildungsbedingungen für den abzukürzenden Ausdruck erfüllt sind. Um an übliche mathematische Schreibweisen anzuknüpfen, gibt es für bestimmte Rahmendefinitionen auch alternative Formen, die aber den gleichen Informationsgehalt haben.

Mengen Die Lösungsmenge der polynomialen Gleichung $x^3-2\cdot x=8$ wird durch folgende Geschichte beschrieben: Sei $x$ eine reelle Zahl. Sie gehört zu den Lösungen, wenn sie die Gleichung $x^3-2\cdot x=8$ erfüllt. In $\mmath$ Syntax sieht das so aus:

Lösungen $:=x\in\mathbb R$ mit $x^3-2\cdot x=8$ $\small \square$

alternativ

Lösungen $:=\{x\in\mathbb R$ mit $x^3-2\cdot x=8\}$

Funktionen Zu einer um 1 nach rechts verschobenenen Hyperbel gehört folgende Geschichte: Sei $x$ eine reelle Zahl mit der Eigenschaft $x\neq 1$. Bilde zu ihr das zugehörige Ergebnis $1/(x-1)$. In $\mmath$ Syntax sieht das so aus:

$x\in\mathbb R$ mit $x\neq 1$ Ergebnis $1/(x-1)$

oder in anderer optischer Darstellung

$x\in\mathbb R$ mit $x\neq 1\mapsto 1/(x-1)$

Gibt man der Funktion einen Namen, kann man sie auch so einführen

$H(x\in\mathbb R$ mit $x\neq 1):= 1/(x-1)$

Definitionen Zum Begriff abgeschlossen in einem metrischen Raum mit Grundmenge $X$ gehört folgende Geschichte: Eine Teilmenge $M$ von $X$ wird abgeschlossen genannt, wenn ihr Komplement offen ist. In $\mmath$ Syntax:

abgeschlossen $:= M$ mit $M\subset X; (X\backslash M):$ offen $\small \square$

Sätze Zum Satz über die Beschränktheit von konvergenten Folgen in $\mathbb R$ gehört folgende Geschichte: Sei $a$ eine reelle Folge und sei $a$ konvergent. Dann ist $a$ beschränkt. In $\mmath$ Syntax:

$a:$ konvergent Folgerungen $a:$ beschränkt $\small \square$

oder auch

$\forall a:$ konvergent gilt $a:$ beschränkt