... und aus dem Kaninchen wurde ein Huhn. Etwas weniger magische Verwandlungsprozesse kennen wir zuhauf aus unserem Alltag: Eier, Mehl und Milch werden in einen Pfannkuchen verwandelt, Früchte und Zucker in Marmelade, ein Automat wandelt Geldstücke in Getränkedosen und Holz wird in einem Kamin in Wärme und Abgase umgesetzt.
In der Mathematik abstrahiert man solche Prozesse durch Zuordnungen, die Ausgangsobjekten (sog. Argumenten) eindeutig bestimmte Ergebnisobjekte zuweisen. Wie der Prozess genau vonstatten geht, ist in einer Zuordnungsvorschrift festgehalten. Im Unterschied zu realen Prozessen ist die Vorschrift dabei so präzise, dass bei gleichem Argument stets genau das gleiche Ergebnis resultiert.
Genauso wie man aus Birnen aber keinen Apfelkuchen backen kann, sind für eine Zuordnung normalerweise nicht alle denkbaren Argumente zulässig. Zu jeder Zuordnung gibt es deshalb eine Bedingung an die Argumente und nur wenn diese erfüllt ist, kann die Vorschrift ausgeführt werden.
Als Beispiel betrachten wir die Zuordnung, die einer reellen Zahl $x$ den Wert $1/(x-1)$ zuweist. In $\mmath$-Syntax schreiben wir hierfür
$\newcommand{\R}{{\mathbb R}}x$ mit $x\in \R\mapsto \displaystyle\frac{1}{x-1}$
Neben der angegebenen Bedingung $x$ mit $x\in\R$ gibt es noch eine versteckte Forderung, die daraus entsteht, dass die Inversions-Zuordnung für reelle Zahlen ein von Null verschiedenes Argument verlangt. Die gesamte Argumentbedingung unseres Beispiels ist damit $x$ mit $x\in\R; (x-1)\neq0$ und wird zum Beispiel von $2\in\R$ erfüllt. Das Ergebnis zu diesem Argument erhält man dadurch, dass der Platzhalter $x$ in der Zuordnungsvorschrift durch $2$ ersetzt wird, was auf $1/(2-1)=1/1=1$ führt. Ist $f$ eine Abkürzung für die Zuordnung, dann nennt man das Ergebnis $1$ zum Argument $2$ auch $f(2)$ (lies $f$ von $2$), d.h. es gilt $f(2)=1$. Entsprechend wird $4$ durch $f$ in $f(4)=1/3$ und $3/2$ in $f(3/2)=2$ verwandelt.
Neben den Zuordnungen mit reellen Ein- und Ausgabewerten, die schon aus der Schule bekannt sind, gibt es viele andere wichtige Beispiele. Eine große Rolle spielen etwa bedingungswertige Zuordnungen mit denen man parameterabhängige Begriffe beschreibt. Um etwa $-5$ ist eine reelle Wurzel von $25$ in formaler Schreibweise auszudrücken, benötigen wir den als reelle Wurzel von $25$ ausgesprochenen Begriff reelleWurzel$(25)$. Die gesamte Aussage wäre damit als $(-5):$ reelleWurzel$(25)$ notierbar. Hierzu muss eine Zuordnung mit Namen reelleWurzel definiert werden, die bei Eingabe einer reellen Zahl $x$ einen Begriff erzeugt, dessen Beispiele gerade die reellen Wurzeln von $x$ sind, d.h. die reellen Zahlen $w$, deren Quadrat $x$ ist. Die gesamte Zuordnungsdefinition hat zunächst die Form
reelleWurzel $:= x\,$ mit $\,x\in \R \mapsto w\,$ mit $\,w\in\R; w^2=x\,\require{AMSsymbols}\small\square$
wobei man zur Übersichtlichkeit die Argumentbedingung auch in einer Klammer hinter dem Namen angeben kann, also an der Stelle, wo bei späterer Benutzung das Argument stehen wird
reelleWurzel$(x\,$ mit $\,x\in \R) :=\, w\,$ mit $\,w\in\R;w^2=x\,\small\square$
Das begriffswertige Zuordnungen in der Mathematik sehr häufig sind, deutet die folgende Liste von Aussagen an, die bereits in der Schule verwendet werden
- $\pi:$ Nullstelle$(\sin)$
- $\pi:$ Minimalstelle$(\cos)$
- $5:$ Teiler$(15)$
- $\vec n:$ Normalenvektor$(E)$
- $\vec s:$ Schnittpunkt$(g,h)$