Blog: Objekt

Über's Schreiben schreiben

Beim Schreiben bringe ich Buchstaben in eine bestimmte Reihenfolge, die Sie beim Lesen in eine Sequenz von Lauten und somit in Sprache verwandeln (schauen Sie doch mal zurück, wie viele ei und en Gruppen Sie bereits als Zeichen für bestimmte Laute gedeutet haben).

Genauso sind bestimmte Lautkombinationen (Wörter) wieder Zeichen, die wir als Gegenstände in der Welt deuten. Im einfachsten Fall sind die Gegenstände dabei greifbar oder mit anderen Sinnen unmittelbar zu erfassen. Sie können aber auch abstrakter sein, wie zum Beispiel das oben benutzte Wort Reihenfolge.

Nun besteht der Sinn eines Textes normalerweise nicht darin, Gegenstände nur aufzulisten. Statt dessen will der Autor von ihm wahrgenommene Zusammenhänge zwischen Gegenständen mitteilen, d.h. er möchte Aussagen über Gegenstände machen. Dazu werden wieder Zeichen eingesetzt (in diesem Fall Sätze), die von den Lesern gedeutet werden können, weil es vereinbarte Deutungsregeln gibt (in diesem Fall grammatikalische Regeln).

Genau die gleichen Mechanismen treten auch in formalen mathematischen Sprachen auf, wobei die Sprachregeln viel überschaubarer und gleichzeitig deutlich präziser sind als in der Umgangssprache. Die Gegenstände, deren Eigenschaften und Zusammenhänge beschrieben werden sollen, nennt man hier mathematische Objekte. Sie werden oft mit einzelnen Symbolen bezeichnet wie $0,\pi$ oder $x$, aber auch mit Symbolketten wie $42,\sin$ oder $\text{Menge}$. Eine mathematische Aussage über Objekte hat dann zum Beispiel die Form $\sin(\pi)=0$, wobei der Bildungsprozess von Aussagen allgemein in Form von Kochrezepten angegeben wird. Read more…

Geschichten

Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne, davon waren zwei klug und gescheit, aber der dritte sprach nicht viel, war einfältig und hieß nur der Dummling ...

Nur wenige Worte genügen, uns in eine Gedankenwelt zu entführen, in der wir spannende Abenteuer mit glücklichen oder traurigen Wendungen erwarten. Die dazu benötigte Fähigkeit, sich die handelnden Personen und deren Eigenschaften und Beziehungen zueinander zu merken, besitzen schon kleine Kinder und es stört überhaupt nicht, dass die Personen nur sehr knapp beschrieben sind, ohne Angabe von Größe, Kleidung oder Haarfarbe - im Gegenteil es lässt mehr Freiraum, sie gedanklich durch reale oder fiktive Personen zu ersetzen.

Genau die gleichen Fähigkeiten benötigt man beim Lesen einer Definition oder eines Satzes mit zugehörigem Beweis in der Mathematik, denn auch dabei handelt es sich um Geschichten: Sei $K$ eine Menge und seien $A,B,D\subset K$. Weiter seien $A,B$ abzählbar und $D$ sei endlich ...

In der Metasprache $\mmath$ sind mathematische Geschichten (bzw. gedankliche Rahmen) die Grundobjekte. Sie werden beschrieben durch eine Liste von Namen für die Hauptdarsteller der Geschichte (die Rahmen-Parameter), eine Liste ihrer angenommenen Eigenschaften und wechselseitigen Beziehungen in Form von mathematischen Aussagen, eine Liste von Folgerungen, die sich für die Parameter und die aus ihnen gebildeten Objekte ergeben, sowie ein spezieller Ausdruck, der die Geschichte gewissermaßen zusammenfasst.

Mit diesen Grundobjekten lassen sich dann Mengen, Funktionen, Definitionen, Sätze, Modelle und Theorien in einer gemeinsamen Form kodieren. Read more…

Das Universum der Metaobjekte

Wir Menschen erleben die Welt als eine Ansammlung von Dingen, die in einem geregelten Zusammenhang stehen. Aufgrund dieser Regeln können unsere Sinnesorgane einzelnen Dingen, oder speziellen Ding-Kombinationen, Eigenschaften zuweisen, was dann eine Repräsentation in unseren Gedanken ermöglicht.

Als abstraktes Modell dieser Sachlage führen wir die Konzepte Objekt und Bedingung ein, wobei ein Objekt $x$ eine Bedingung $B$ erfüllen kann. In diesem Fall nennen wir $B$ eine Eigenschaft von $x$ und schreiben abkürzend $x:B$.

Während Objekte und Bedingungen inhaltlich zunächst klar voneinander abgegrenzt erscheinen, zeigt eine kurze Überlegung, dass die Grenzen nicht scharf sind: Ausgehend von einem Objekt $x$ kann man nämlich die Forderung an beliebige Bedingungen formulieren Eigenschaft von $x$ zu sein. Bedingungen werden dadurch selbst zu Objekten anderer Bedingungen, d.h. sie tragen ihrerseits Eigenschaften. Da sich die gleiche Konstruktion erneut anwenden lässt, haben auch die Bedingungen an Bedingungen Objektcharakter usw.

Als Alltagsbeispiel kann man hier an Stellenbeschreibungen in einer Zeitung denken, Read more…